Im von mir hoch geschätzten Zürcher Programmkino Xenix begann gestern ein Science-Fiction-Filmzyklus, an dessen Konzeption ich fleissig mitgeholfen habe. Unter dem Titel Big Data widmet sich sne Reihe dem Thema der digitalen Überwachung im SF-Film (sowie in einigen Dokumentarfilmen). Ausführlicheres zum grösseren Zusammenhang der Filme findet sich im offiziellen Begleittext, den ich für das Programmheft geschrieben habe. An dieser Stelle möchte ich nur auf einige filmische Perlen eingehen, die mir besonders am Herzen liegen.
2001: A Space Odyssey
Zu Stanley Kubrick Meisterwerk hat John Lennon schon das Wesentliche gesagt: «The movie should be shown in a temple 24 hours a day».
Phase IV
Saul Bass dürfte Filmliebhabern vor allem als Gestalter von Filmvorspannen bekannt sein; berühmt ist seine Zusammenarbeit mit Alfred Hitchock (ein Titelsequenzen-Best-of gibt es auf YouTube). Bass hat aber auch die Logos von Grosskonzernen wie AT&T oder United Airlines oder Werbeplakate für Stanley Kubrick Horrorklassiker The Shining entworfen. Phase IV ist sein einziger Kinofilm und typisches Beispiel für einen hochinteressant verunglückten Film. Der Film handelt von intelligenten Ameisen, die Finsteres im Schilde führen. In Sachen Plot und Schauspiel weist er offensichtliche Schwächen auf. Was ihn dennoch sehenswert macht, ist, wie Bass die Ameisen inszeniert. Denn anders als beispielsweise in Them!, in dem Riesenameisen auftreten, handelt es sich bei den Krabbeltieren in Phase IV um ganz normale Insekten. Durch Makroaufnahmen, geschickte Beleuchtung und Schnitt sowie dramatische Musik, erzeugt der Film aber den Eindruck, dass die kleinen Biester tatsächlich etwas im Schilde führen (in Die Konstitution des Wunderbaren behandle ich den Film eingehend). Phase IV war bei Erscheinen ein Flop, hat mittlerweile aber einen gewissen Kultstatus erlangt. Während Jahren war er allerdings nicht auf DVD verfügbar und im Kino ist er ohnehin kaum je zu sehen. Also eine seltene Gelegenheit, sich den Film mal auf grosser Leinwand zu Gemüte zu führen.
Welt am Draht
Rainer Werner Fassbinder dreht The Matrix – bloss ein Vierteljahundert früher. Als Slogan ein wenig zugespitzt, aber vom Prinzip her durchaus richtig. Fassbinders Verfilmung des Romans Simulacron-3 von Daniel F. Galouye nimmt in der Tat wesentliche Elemente des Wachowski-Films vorweg. Der Fernseher-Zweiteiler ist nicht nur interessant, weil die Kombination von SF-Themen mit dem für Fassbinder charakteristischen theatralischen Stil ziemlich ungewöhnlich ist, in dem Film trumpft auch Fassbinders langjähriger Kameramann, der unlängst verstorbene Michael Ballhaus, auf. Es wimmelt nur so von Spiegeln, Kreisbewegungen und anderen visuellen Highlights. Besondere Beachtung verdient auch die Tonspur (auf die ich in meinem Buch ebenfalls ausführlich eingehe). Welt am Draht war ebenfalls lange nicht greifbar, mittlerweile gibt es aber eine schöne rekonstruierte Fassung (deren Herstellung Ballhaus überwachte).
TRON
Walt Disney war Ende der 1970er ein ziemlich verschlafenes Studio, das nicht mehr in der Lage schien, etwas Originelles zu schaffen; TRON sollte die Wende bringen. Regisseur Steven Lisberger wollte nichts weniger als den ersten Kinofilm, der im grossen Stil Computeranimationen einsetzte. Es kam dann sehr anders: Die Technik erwies sich als weitaus weniger fortgeschritten als ursprünglich angenommen, so dass am Ende nur an ausgewählten Stellen digitale Animationen verwendet wurden. Um den speziellen Computerspiele-Look zu erreichen, ersann man bei Disney stattdessen einen unglaublich aufwendigen analogen Prozess, der viel Handarbeit verlangte und die Kosten in die Höhe trieb. Das Ergebnis war ein veritabler Flop, der fast den Ruin von Walt Disney bedeutet. Auch wenn der Plot ziemlich hohl ist, visuell ist TRON einzigartig.
Die Reihe Big Data läuft bis Ende Mai. Details auf der Website des Xenix.