Soeben erschienen: Zwei Publikationen zu Verschwörungstheorien

Wie’s der Zufall will, sind heute gleich zwei Publikationen von bzw. mit mir erschienen, die sich mit dem Zusammenhang von Verschwörungstheorien und phantastischen Erzählformen beschäftigen.

«Im Innern der Weltmaschinerie»

Dieser Artikel ist im von Vera Podskalsky und Deborah Wolf herausgegebenen Beiheft 25 zum Thema «Prekäre Fakten, umstrittene Fiktionen. Fake News, Verschwörungstheorien und ihre kulturelle Aushandlung» der Zeitschrift Philologie im Netz erschienen. Das Heft geht auf die Tagung Mit Fiktionen über Fakten streiten zurück, die vor fast genau einem Jahr an der Universität Freiburg stattfand und an der ich einen Vortrag hielt (der online verfügbar ist). Ich behandle darin die Nähe von Verschwörungstheorien und Utopien, mein zentrales Beispiel ist der Online-Film Zeitgeist: Addendum.

Dieser Artikel entspricht weitgehend den entsprechenden Passagen in meinem Buch Bilder einer besseren Welt.

Ein Ausschnitt aus Dylan Louis Monroes Deep State Mapping Project

Alles hängt mit allem zusammen

ZFF-Forum «Verschwörungstheorien als narratives Phänomen»

Seit die Zeitschrift für Fantastikforschung online als Open-Access-Publikation erscheint, gibt es die Rubrik »Forum«, in der sich jeweils mehrere AutorInnen in kurzen Beiträgen zu einem Thema äussern. Die Idee dahinter ist, dass wir damit schneller auf aktuelle Themen reagieren können, als dies bei wissenschaftlichen Publikationen normalerweise der Fall ist. Wissenschaftliche Artikel haben ja meist eine lange Entstehungszeit – sie müssen durchs Peer Review bzw. werden von den HerausgeberInnen bearbeitet, gehen dann wieder zur Revision zurück etc. So kann es schnell mal zwei, drei Jahre dauern, bis ein Artikel tatsächlich erscheint. Mit dem Forum wollen wir eine Plattform bieten, auf der auch Schnellschüsse möglich sind. Die Artikel sollen kurz und knackig und gerne auch mal polemisch sein.

Wir hatten in der Vergangenheit schon Foren zu Blade Runner und Game of Thrones. Mit beiden bin ich sehr zufrieden, doch ich glaube, bei keinem konnten wir unsere ursprüngliche Idee so gut umsetzen wie im neuen Forum zu Verschwörungstheorien als narrativem Phänomen.

Verschwörungstheorien sind dank Corona, QAnon und Donald Trump in den Medien so präsent wie schon lange nicht mehr. In den Beiträgen im ZFF-Forum geht es allerdings um einen Aspekt, der unserer Ansicht nach meist zu kurz kommt: Die Tatsache, dass es sich bei Verschwörungstheorien um narrative Formen handelt. Ihr Erfolg – so unsere Arbeitsthese – gründet nicht zuletzt in der Tatsache, dass sie sich erzählen lassen.

Das Forum versammelt unterschiedliche Perspektiven und Fachrichtungen. Nach einer Einleitung von mir melden sich folgende Autorinnen und Autoren zu Wort:

  • Andreas Anton (Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene): «Willkommen in der Paranoia-Gesellschaft! Verschwörungstheorien in Zeiten von Corona»
  • Solvejg Nitzke (Technische Universität Dresden):  «Über das Querdenken. Der epistemische Widerstand der Corona-Proteste»
  • Johannes Pause (Universität Luxemburg): «Das Subjekt der Paranoia»
  • Carolin Amlinger (Universtität Basel): «(Nicht) Wissen wollen. Über Science Fiction und Verschwörungserzählungen»

Viel Spass bei der Lektüre!

Spiegel, Simon: «Im Innern der Weltmaschinerie. Zur Nähe von Utopie und Verschwörungstheorie am Beispiel des Online-Films Zeitgeist: Addendum». In: Philologie im Netz. Beiheft 25: Prekäre Fakten, umstrittene Fiktionen, 2020, 230–250, web.fu-berlin.de/phin/beiheft25/b25t10.pdf.
«Forum Verschwörungstheorien als narratives Phänomen». In: Zeitschrift für Fantastikforschung 8.1, 2020. DOI: 10.16995/zff.3415.

Das wahre Wesen der Welt

Verschwörungstheorien sind zwar keinesfalls der Fokus meiner bisherigen Forschung, aber bei meiner Beschäftigung mit utopischen Filmen – insbesondere den Zeitgeist-Filmen – kam ich nicht an dem Thema vorbei. Deshalb habe ich auch nicht lange gezögert, ein Proposal für die Tagung Mit Fiktionen über Fakten streiten. Fake News, Verschwörungstheorien und ihre kulturelle Aushandlung, die vom 28.–30.11.2019 an der  der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg stattfand, einzureichen.

Die von Vera Podskalsky und Deborah Wolf organisierte Tagung war sehr gelungen. Mir wurde wieder einmal klar, dass es sich lohnt, wenn zwischendurch die eigene Fach- bzw. Themenblase verlässt.