Neue Veröffentlichungen

Diese Woche sind gleich zwei Artikel von mir erschienen bzw. bei mir eingetrudelt.

Zuerst wäre da mein Beitrag zu dem von Anna McFarlane, Graham J. Murphy und Lars Schmeink herausgegebenen Band Fifty Key Figures in Cyberpunk Culture(vom gleichen Trio stammt auch der Routledge Companion to Cyberpunk Culture). Das Buch versammelt, wie es der Titel bereits erahnen lässt, Einträge zu fünfzig Persönlichkeiten, die das Subgenre des Cyberpunks massgeblich geprägt haben. Die Liste reicht von offensichtlichen Kandidaten wie Neuromancer-Autor William Gibson und den Wachowskis bis zu vielleicht weniger naheliegenden Namen wie dem Medientheoriker Marshall McLuhan und den Futurologen Alvin und Heidi Toffler (tatsächlich war mir bisher nur Alvin ein Begriff; dass seine Frau Heidi massgeblich an den unter seinem Namen veröffentlichten Büchern beteiligt war, weiss ich erst seit der Lektüre des entsprechenden Eintrags in dem Band).

Ich selbst habe einen Beitrag zu Ridley Scott begesteuert, dessen Filme Alien und vor allem Blade Runner massgeblich Einfluss auf die Cyberpunk-Strömung hatten und haben. Dass es sich bei den Filmen um Klassiker handelt, dürfte unbestritten sein. Und so wichtig insbesondere Blade Runner auch für mich persönlich ist, halte ich Scott insgesamt doch tendenziell für überschätzt. Zweifellos ist er ein begnadeter Bildermacher, neben den unbestrittenen Meisterwerken hat er aber eine erstaunlich grosse Anzahl an belanglosen und teilweise auch haarsträubend schlechten Filmen gemacht. Zu Letzteren zählen etwa Hannibal, Prometheus und Alien: Covenant. Insbesondere die letzten beiden Filme sind derart schlecht, dass ich dazu tendiere, seine früheren SF-Grosstaten als Ausrutscher zu sehen. Ich denke, dass diese Ambivalenz in meinem Kapitel auch spürbar wird.

Ebenfalls diese Woche erschienen ist eine Rezension von Dietmar Daths Niegeschichte in der englischsprachigen germanistischen Zeitschrift Monatshefte. Da von der deutlich ausführlicheren deutschsprachigen Rezension des Dath’schen Opus magnum an dieser Stelle bereits die Rede war, und die Monatshefte-Besprechung nur über Uni-Bibliotheken zugänglich ist, belasse ich es hier dabei, den entsprechenden Link zu posten.

Spiegel, Simon: »Ridley Scott«. In: McFarlane, Anna/Murphy, Graham/Schmeink, Lars (Hg.): Fifty Key Figures in Cyberpunk Culture. London/New York: Routledge 2022, 184–188.
–: »Rezension von Dath, Dietmar (2019): Niegeschichte. Science Fiction als Kunst- und Denkmaschine. Berlin: Matthes & Seitz«. In: Monatshefte 114., 317–319. Doi: 10.3368/m.114.2.317.

Rezension von «Niegeschichte»

Dietmar Dath ist ohne Zweifel einer der produktivsten Science-Fiction-Autoren deutscher Sprache. Oder wohl eher: einer der produktivsten deutschsprachigen Schriftsteller überhaupt. Denn Dath schreibt nicht nur mit einer beeindruckend hohen Kadenz SF-Romane, daneben veröffentlicht er auch noch Bücher über Marx, Hegel, Fernsehserien, rezensiert Filme und Romane und noch diverse andere Dinge.

So sehr mich Daths unerhörte Produktivität beeindruckt – mit dem, was er schreibt, werde ich selten wirklich warm. Ich lese immer mal wieder Rezensionen von Dath, habe mir auch schon verschiedene seiner Sachtexte sowie einen Roman – Venus siegt von 2015 – zu Gemüte geführt, nichts davon hat mich aber restlos überzeugt. Das Problem ist dabei stets dasselbe: Dath weiss unglaublich viel, wartet auch immer wieder mit originellen Gedanken auf, serviert das Ganze aber leider in einem Stil, der mich meine mittlerweile leider etwas spärlichen Haare raufen lässt. Für mich ist die Dath’sche Schreibe der Inbegriff von schwurbeligem Stil.

Als vor zwei Jahren NiegeschichteDaths Opus magnum zu Theorie und Geschichte SF, erschien, war ich entsprechend skeptisch. Zwar stand für mich fest, dass Dath viel Interessantes zu sagen hätte, aber dass ich nun ausgerechnet in diesem Fall zum Freund seiner Prosa werden sollte, schien mir doch eher unwahrscheinlich. Zumal ich ohnehin der Überzeugung bin, dass bei theoretischen Grundlagewerken, deren Umfang 500 Seiten deutlich überschreitet, in jedem Fall etwas schief gegangen ist. Deshalb verzichtete ich vorerst auch darauf, Niegeschichte zu lesen, geschweige denn zu rezensieren.

Doch dann meldete sich Wolfgang Neuhaus bei mir und fragte mich, ob ich nicht doch Lust hätte, etwas über Daths Wälzer für das Science Fiction Jahr zu schreiben. Wobei er ausdrücklich keine Rezension im Sinne hatte, sondern eine eingehendere Diskussion von Daths Ansatz. Und obwohl eigentlich ich nicht recht Lust dazu hatte, liess ich mich dann doch überreden.

Das Ergebnis, ein recht ausführliches review essay, ist nun erschienen und auch bereits online verfügbar. Um es gleich vorweg zu nehmen: Obwohl ich mich ehrlich bemüht habe, Niegeschichte mit möglichst offenem Geist zu begegnen, blieben auch dieses Mal die Momente nicht aus, in denen ich angesichts himmelschreiend überladener, letztlich aber völlig nichtssagender Formulierungen kurz vor dem Verzweifeln stand.

Die Abneigung scheint übrigens auf Gegenseitigkeit zu berühen. Wie Dath in seinem Büchlein Stehsatz gesteht, verfolgt er sehr genau, was im Netz etwas über ihn geschrieben wird. So ist er auch auf einen Post von mir im sf-netzwerk gestossen, in dem ich meinem Ärger über Niegeschichte freien Laufe lasse. Nun ja, immerhin bin ich nun als exemplarischer Ignorant im Dath’schen Œuvre verewigt:

Zu meiner Rezension

Spiegel, Simon: »Wenn Theorie zu Science Fiction wird. Zu Dietmar Daths Niegeschichte.“. In: Wylutzki, Melanie/Kettlitz, Hardy (Hg.): Das Science Fiction Jahr 2021. Berlin 2021, 331–347 Tübingen: Narr Francke Attempto 2021«. [PDF]